Es muss wohl Anfang der Neunziger-Jahre gewesen sein: Die damalige Filmcasino-Mitarbeiterin und nunmehrige Direktorin des Crossing Europe-Filmfestivals in Linz, Christine Dollhofer, reist wider die Vernunft für die Filmkultur mit einer Kopie des in Deutschland als Gewalt verherrlichend beschlagnahmten Werks NEKROMANTIK 2 über die deutsch-österreichische Grenze und schleppt das Gefahrengut damit nach Österreich ein. Zur Aufführung kommt es im Wiener Filmcasino, das schon damals eine Amour Fou mit diversen Strängen des extremen und fantastischen Kinos pflegte. Mehr als zwanzig Jahre später kommt jener Regisseur, Autor, Theater- und Hörspielmacher wieder zurück an den Ort, an dem das österreichische Publikum zum ersten Mal einsteigen durfte in sein delirierend schönes und abgründiges Kino-Universum: Jörg Buttgereit wird beim zweiten /slash einhalb das fortsetzen, was Dario Argento im letzten Jahr begonnen hat. Nämlich eindrucksvoll beweisen, wie stark das Fantastische Filmschaffen in der europäischen Kultur verankert ist.
Der Abend für, mit und von Jörg Buttgereit wird flankiert von einer Auswahl aktueller Arbeiten. Neben dem deutschen Schocker-Triptychon GERMAN ANGST von Jörg Buttgereit, Andreas Marschall und Michal Kosakowski und dem international gefeierten belgischen Slasher WELP von Jonas Govaerts, die wir beide neben drei weiteren Filmen in Kooperation mit dem Crossing Europe nach Wien holen, werfen wir auch einen Blick über die europäischen Grenzen hinaus. Adam Wingard, zweifelsohne eines der großen Talente des jungen amerikanischen Horrorkinos, entwirft in THE GUEST eine so klassische wie akute Versuchsanordnung zum Thema Heimat, fremde Heimat. Der Neuseeländer Toa Fraser zeigt Maori-Kampfkunst in seinem Action-Tornado THE DEAD LANDS, während Ryan Gosling in seinem Regiedebüt LOST RIVER verlorene Seelen wandern lässt, bis sie den Eingang zu einem utopischen Unterwasserreich entdecken. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass das /slash vom Moment seiner Gründung an genau das versucht hat zu sein, was Jörg Buttgereits Kino immer schon war: eine Erfahrung jenseits von etablierten Kategorien. Trotz allem wird uns auch im sechsten Jahr unseres Bestehens immer noch von einigen zum Trash-Filmfestival gratuliert. Wir freuen uns.
Markus Keuschnigg & das /slash‐Team